Link zur Seite versenden   Druckansicht öffnen
 

Zur Besinnung

Die Ordenskirche ist offen

Säkularisierung ist wie der Klimawandel. Keiner will es, aber alle machen mit.

 

Wir erleben Traditionsabbrüche und Wertewandel, bei denen es vielen schwindlig wird.

 

Oft erzählen mir Menschen, wie Kirche, Jungschar, Kindergottesdienst ihre Kindheit geprägt haben, wie die Geschichten aus der Kinderbibel zu einem Fundament ihrer Weltanschauung geworden sind. Gerade Christen aus den neuen Bundesländern erinnern sich, wie wertvoll die Kirche im Dorf als Korrektiv zur Indoktrination durch den totalitären Staat war. Dann stellen wir aber fest, dass die heutigen Kinder diese Erfahrungen nicht mehr machen.

 

Sonntag ist heute nicht mehr Tag des Herrn, sondern Familientag, weil man sonst im Alltag immer weniger Zeit für einander findet. Entsprechend gibt es auch immer mehr Angebote für Familien am Sonntagvormittag: Kino für Kinder, Kinderbetreuung im Fitnessstudio, verkaufsoffene Sonntage. Kommerzielle Angebote, zugeschnitten auf Familien. Am Sonntag, einst heilsame Pause vom Kommerz, wird der Mensch zum Konsumenten. Wenn Kinder so aufwachsen, brauchen wir uns nicht wundern, wenn sie von ihrem ersten selbstverdienten Geld keine Kirchensteuer bezahlen wollen.

 

Meine Sorge um die Institution Kirche hält sich in Grenzen. Prognosen sagen, dass wir in der nächsten Generation die Hälfte unserer Mitglieder verlieren werden. Das ist schade, aber für eine Institution ein Schrumpfungsprozess, den man moderieren kann. Ein paar Prozent pro Jahr, andere Großorganisationen würden sich so viel Stabilität wünschen.

 

Ich mache mir mehr Sorgen um unser christliches Abendland. Ganz ehrlich. Unsere Gesellschaft lebt nämlich von weltanschaulichen Voraussetzungen, die über Jahrhunderte in den Kirchen weitergegeben wurden. Unser Konsens, dass alle Menschen mit gleicher Würde geschaffen sind, ist eine Anschauung, die auf dem Boden jahrtausendealter christlicher Verkündigung gewachsen ist. Warum sind wir denn alle davon überzeugt, dass jedes Menschenleben es wert ist, geschützt zu werden, dass jedes Kind eine Ausbildung wert ist, dass Menschen in Not unterstützt werden sollen? Immer wieder haben christliche Werte auch zu Kritik an den Kirchen geführt. Das ändert aber nichts daran, dass es christliche Werte waren. Sogar die Trennung von Kirche und Staat ist eine Konsequenz biblischer Lehren, auch wenn das manchem Kirchenoberen nicht geschmeckt hat.

 

Nicht eine schrumpfende Kirche macht mir Sorgen, sondern eine Gesellschaft, die den lebendigen Zugang zu ihren christlichen Wurzeln verliert. Aus Bequemlichkeit und Geiz sägen wir an dem Ast, auf dem wir sitzen. Familien nehmen nicht mehr Teil am kirchlichen Leben. Obwohl es ihnen eigentlich wichtig wäre, nehmen sie sich keine Zeit. Dann sind die Kinder groß, der Glaube ihnen fremd geblieben und die jungen Erwachsenen suchen anderswo.

 

Wenn Sie das so wollen, dann ist es Ihr gutes Recht, der Kirche fern zu bleiben. Aber wenn Sie es nicht so wollen, wenn Sie wollen, dass unser Land christlich bleibt, dann bitte ich Sie: Kommen Sie in die Kirche. In Gottes Namen! Gestalten Sie unser Gemeindeleben mit. Bringen Sie Ihre Kinder und Enkel mit und laden Sie Ihre Nachbarn ein. Pflegen Sie die guten Traditionen, geben Sie den Glauben weiter, der uns Kraft und Orientierung gibt. Der richtige Zeitpunkt dafür ist: Jetzt!

 

Es grüßt Ihr Pfarrer Otto Guggemos